H e s s e n t a g 2 0 0 9
T a g A c h t : F r e i t a g , 1 2 . J u n i 2 0 0 9
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Sonnenschein schärft den Blick fürs Unwesentliche
Liebe Freunde,
angeblich sind die Toten Hosen während ihres Auftrittes so oft von der Bühne gegangen, dass man sie eher in "Die toten Bundfaltenhosen" umbenennen soll? Da habe ich aber auch andere Meinungen gehört.
Und angeblich war Frau Gerster so gut wie gar nicht vorbereitet, raschelte, blätterte und irrte desinteressiert durch ihr eigenes Buch? Auch das kann ich nicht beurteilen; ich war nicht im Raum, als die Lesung passierte.
Na klar. Kaum kommt die Sonne heraus, finden wir andere Gründe zum Flennen.
Na, vielleicht fangen wir das grad nochmal von vorn an:
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Ganz hübsch, aber immer noch kein Segway-Gleiter
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Vormittagsdienst im Buchladen
Liebe Freunde,
guten Morgen.
Auch am achten Tage unseres Hessentages herrscht ungebrochen strahlender Sonnenschein, strahlend blauer Himmel, und die drei Wölkchen, die man sieht, hängen nur zur Dekoration da.
Acht Tage am Stück schönes Wetter, das soll uns erst mal einer schönreden, äh, nachmachen!
Entsprechend voll war es heute. Ich selbst kann ja die einzelnen Wochentage schon lange nicht mehr unterscheiden, aber Auswärtige erzählen mir hinter vorgehaltener Hand, dass draußen in der Welt nicht nur Freitag sei, sondern sogar Brückentag!
Unvorstellbar. Auch die im Raum stehende Frage, ob es ein Leben jenseits des Hessentages gibt, kann ich klaren Verstandes beneinen. Der Hessentag ist eine Scheibe, und nach ihm kommt nichts.
Aber währenddessen kommt so einiges:
Zum Beispiel zwei Vermessungsbeamte, die sich vermessen benehmen. Stadtallendorf denkt bestimmt, dass solche Typen gemietete Walk Acts sind. Dabei sind das einfach nur Selbolder bei der Arbeit. Vielleicht können wir Stadtallendorf ja ein paar von unseren Selboldern für ihren Hessentag vermieten! Ich setze Heinrich Stadler schon mal auf die Liste.
Walk Act. Wieder einen neuen Begriff gelernt.
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Stefan Juraschek (links), nicht Alexander Kempski (rechts)
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Unter den täglichen Besuchern finden sich auch wieder private und offizielle Bekannte. Maryanto Fischer (Pressekürzel: MaFi) hat mich ja gestern erst gebeten, nur noch positive Fotos von ihm zu verwenden. Ich finde dieses Sonnenbrillenfoto rechts ausgesprochen apart. Hier ruft er gerade seine Zweitsonnenbrille zuhause an.
Noch mache ich Scherze, aber schon bald kriegen MaFi und ich unsere großen Mäuler gestopft.
Aber zunächst habe ich noch eine Schicht im Buchladen abzusitzen. Durch den angeblichen Brückentag und das schöne Wetter, welches das Vortageswetter sogar noch übertrifft, gibt sich heute eine ganze Riege lieber Besucher die Klinke in die Hand.
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Der brutalste Freigerichter den ich kenne, hier in Begleitung von Matthias Parr
| | MaFi: Ein Mann, der mir heute noch etwas einbrockt
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Ja, ein oder zwei Freigerichter sind auch wieder in den Ort geraten. Anscheinend müssen die Kontrollen verstärkt werden.
Frau Seesemann-Ernst, eine ruheständische Buchhändlerin, war so lieb, mir einen Kaffee zu bringen. Ich könnte mir ja auch ganz einfach selbst welchen kochen, aber ich darf nicht gegen mein Gelübde verstoßen, mir während des Hessentages auf gar keinen Fall irgendetwas selbst zuzubereiten.
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Genaugenommen ist das ein Cappuccino | | Die Sprangers nehmen ja eigentlich alles gelassen, was geht
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Die Sprangers nehmen es gelassen und gehen, wie so viele, mit dem richtigen Beispiel voran: Die Unbill leicht nehmen und das Schöne genießen. Aufgrund ihres hohen Alters hören sie den Partylärm und die Musik ohnehin nicht mehr gut, während ihre erwachsenen Söhne (8 und 11 Jahre alt) die Nächte durchzechen.
Mein Friseur Heinrich Stadler will mal nach meiner Frisur schauen. Er hat bereits vergessen, dass ich vor sieben Tagen bei ihm war. Gleich denkt er sich wieder irgendeinen hanebüchenen Suchauftrag aus, um mich zu schikanieren. Jeden Monat kommt der mit was anderem an. "Herr Mayer, es muss doch ein Buch geben darüber, wie man einen Terrier zum Schnapsbrennen abrichtet." "Herr Mayer, gucken Sie doch mal, ob es was über essbare Schuhe aus Ungarn gibt."
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Der hat immer was zu lachen
| | (Und das war nicht meine Idee.)
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Rechts sehen Sie Elbo, Elbo und Bärbel Tárai. ...Nein, Moment: Bärbel Tárai, Elbo und Elbo.
Nein, warten Sie, jetzt hab ich's: Frau Tárai ist die ohne Mütze.
Auch unser Erdbeerlieferant gibt sich heute die Ehre. Um Viertel nach zehn kommt er angetrödelt, aber er kommt. Jens Mohn vom berühmten Obsthof Mohn schreckt allerdings zurück, als ich die Kamera zücke, denn er mag nicht in seinen schmutzigen Arbeitsklamotten fotografiert werden. Aber Herr Mohn. Das hier ist der Hessentag, und dies hier ist das Internet. Wenn ich hier einen echten Langenselbolder Obst- und Gemüsebauern präsentieren kann, dann haben seine Hosen und Stiefel gefälligst auch dreckig zu sein.
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Ich kann auch noch Notmatsch anrühren
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Das Ehepaar Broos wohnt in Gründau, einem Vorort von Langenselbold, aber als alter Selbolder zieht es einen immer wieder hierher. (Oder die haben ihr Auto verparkt und wissen nicht, wie sie wegkommen sollen.)
Rechtes Bild: Die Sonnenbrille von Kathrin Rudolph (vorne) und Kathrin Rudolph vom hr (hinten).
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ganz liebe Kunden
| | Nicholson löst das auch immer so
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HR-Radioreporterin Kathrin Rudolph schaut auf einen Plausch vorbei.
Das ist die Dame, die den schönen Kurzbeitrag über Selbold im Radio Ende Mai gemacht hat.
"Im Radio kann man wenigstens nicht hören, wie ich gucke" wäre doch auch mal einen interessanten Beitrag wert; aber, falls Sie das tröstet, ich schlafe auch wenig im Moment. Ich habe mich jedenfalls sehr über Ihren Besuch gefreut
Gestern noch sprach im vom alten Selbolder, und heute kauft er mir schon die Obstpaletten leer: Fritz Lehr! (Für unsere Theaterfreunde: Silvias Vater.) Ich habe schon so manches Kinderzimmer in Grund und Boden gewohnt, das der Lehrs Fritz tapeziert hat.
Damals hat er allerdings noch keine vier Kilo Erdbeeren am Tag gegessen.
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Die SIND aber auch lecker! Nur noch Samstag!
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Höhenweltrekord
Aber ich rede hier von Erdbeeren, wo ich Ihnen bis jetzt das allerbeste Erlebnis auf diesem Hessentag vorenthalten habe:
Die Kranfahrt. (Das allerbeste bis auf den Segway-Gleiter. Nur, dass wir uns verstehen, gelle?)
Nun muss ich hierzu ausführen: Der Kran, den Sie seit Anbeginn des Hessentages sehen, hebt Sie stolze 47 Meter über Langenselbold. Das ist der, von dem ich die ganze Zeit spreche. Das ist der, den ich die ganze Zeit verpasst habe.
Aber den meine ich nicht.
Für die Gewinner eines Preisausschreibens wurde heute nämlich ein anderer Kran herbeigekarrt. Der ATA 1003. Die höchste geländegängige Arbeitsbühne der Welt. DER WE-HELT! Dieses Ding ist schlichte 103 Meter hoch. Das ist doppelt so hoch wie der erste Kran. Und noch neun Meter dazu. Weltrekord. (Neun Meter allein sind ja schon übel.)
Darauf habe ich mich natürlich sehr gefreut. Zumindest so lange, bis uns ein schäbig grinsender Mitarbeiter ein Arsenal an Sicherheitsgurten anlegte und uns mit der Gondel bekannt machte.
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Hi Hi Hi... | | Wenn ja wenigstens ein Fallschirm dran wäre
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Super! Um die Windanfälligkeit zu mindern, sind die Absperrungen sehr großzügig gehalten
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Da sehen Sie die Mördergondel. Man steht quasi auf einem Tablett mit ein paar Haltestangen. Ich würde nicht so weit gehen, das einen Korb zu nennen, eine Gondel oder dergleichen geschlossenes.
Ich betrete also unser Hubgitter. Ich sehe ein Fach mit sogenannten Abwurfbeuteln. Also nicht zum Abwerfen von oben, aber falls einer von uns sich mal eben die Seele aus dem Leib speihen und also insofern abwerfen will.
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Da bin ich ja froh, dass er heute nicht die andere Mütze genommen hat | | Und das sind erst vier Meter. VIER!
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...oooookay... |
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Meine Kollegen und Mitfahrer in einer entspannten 15-Meter-Pose
| | Weiter oben herrscht rauher Wind
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Wir hatten zwar ein paar hübsche Ideen in die Richtung "Posing in Extremsituationen", aber das war noch auf dem Boden. 103 Meter später waren wir zu beschäftigt damit, uns an der Reling festzukrallen.
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Ein guter Blick auf den "kleinen" Kran.
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Die Ausbalancierung ist computergesteuert. Sowie eine kleine Bö kommt, steuert die Gondel automatisch gegen. Sie können sich also das sanfte Geruckel und Geschaukel am Ende dieses Hebearmes in der Höhe zweier Baukräne vorstellen.
Vielleicht.
Einer der Passagiere fragte, ab welcher Windstärke diese Höhe gefährlich wird. Der Steuermann erklärt, dass ein Sensor uns mit einem Piepton warnt, sobald die kritische Windstärke 6 rreicht ist.
Kurz darauf kommt stärkerer Wind auf, und ein piepender Alarmton geht los. Ich frage halb entsetzt, halb hoffnungsvoll, ob das das Windstärke-Warnsignal war. Der Steuermann antwortet: "Das geht gleich wieder weg."
Hm. War das nun ein Ja oder ein Nein?
Obwohl ich mit Höhe kein Problem habe, war das ein sehr unbehagliches, obschon erregendes Gefühl.
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Also nochmal zum Mitschreiben: Wir gucken jetzt AUF den anderen Kran drauf. Gulp.
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Sie können Sich sicher vorstellen, dass ich da oben etliche Bilder geschossen habe, die der größerformatigen Betrachtung wert sind. Das würde aber den Rahmen dieser Seite sprengen; daher beschließe ich dieses im Wortsinne erhebende Erlebnis und greife dem Happy End vor: Ich bin wieder heil unten angekommen.
Meine Weltrekordleistung wurde noch beurkundet.
Auf dem Foto sehen Sie auch meinen Heilpraktiker Frank Lammarck. Falls ich aus der Gondel gestürzt wäre, hätte er mir an der voraussichtlichen Aufschlagstelle schon mal ein paar Globuli hinlegen können, bevor er mich dann mit der Anamnesespachtel aufklaubt.
Wenn Sie meine schwindelerregenden Luftaufnahmen Langenselbolds gerne sehen möchten, können Sie am Ende der Seite oder gerne auch schon hier zur extra Fotostrecke abbiegen.
Flanieren: Von Höffnerbeach zur Lichterkirche
Ansonsten habe ich mich für heute noch ein wenig auf der Möbel-Höffner-FFH-Bühne umgesehen, die mit Hilfe einer immensen Katzensandspende in eine sonnige Beach-Area umgewandelt werden konnte.
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Das könnte man doch auch nach dem Hessentag so lassen
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Die Kindershowtanzgruppe Dancefloor Yvonne führt einen asiatisch anmutenden Kindershowtanz vor, und Ballettlehrer Michael Schimmer betrachtet sich das mit großem kollegialen Interesse. Herr Schimmer macht Leiterin Yvonne anschließend noch seine Aufwartung und kehrt dann zurück in den Hessentag, den er während des Hessentages bewohnt. Herr Schimmer verteilt im Übrigen noch klassische Handküsse.
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Talentscout & Tanzhoffnung Langenselbolds: Michael Schimmer
| | Meine eigene Ballettkompetenz reicht gerade bis "Boah, ein Drache!"
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Der heutige Sonnentag - der im Übrigen den Sonnentagen der vergangenen Woche in nichts nachsteht! - brachte einen ausgewechselten Arne Schellhoß hervor. Er war auf dem Sprung, er hatte zu tun, er trug seinen Anzug, und er schenkte Herrn Schimmer und mir ein Stück Schokolade.
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Ich revidiere also.
| | Das Bundesverfassungsgericht ist in: Karlsruhe!
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Ich blieb noch auf ein Möbel-Höffner-Quiz, an dem sich auch das Publikum beteiligen konnte. Ich mag Buzzerquizze, und ich wollte schon immer mal ein sinnvolles Wort mir vier "z" benutzen.
Leider waren die Fragen fürs Publikum von auffallend einseitiger Spezialisiertheit: Wer wusste, wie das Höffner-Maskottchen und die Höffner-Kantine hießen, war klar im Vorteil. Und nein, das Höffner-Maskottchen heißt NICHT ebenfalls Elbo.
Zur selben Zeit etwa werden gerade in der Casa Loca die Sieger des Scharfesser-Wettbewerbes gekürt. Und wahrlich, diese Gesichter haben etwas Heftiges und Irritierendes hinter sich.
Nicole Kuttner sprach vom Durchbrechen der Schärfegradgrenze im Millionenbereich. (Da schüttet der Körper so viel Endorphin aus, dass man plötzlich an Gott glaubt.)
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Schärfeweltmeister... ...und genau so sehen sie auch aus.
| | Nicole Kuttner und Alexander Franz
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Jetzt erst wird mir die tieferliegende Verzahnung der Casa Loca mit der Lichterkirche klar!
Musikalisch machte zu diesem Zeitpunkt Alexander Franz die Gegenden unsicher: Mit einer kleinen mobilen Kombo zog der Chorleiter des Uccelli di Canto-Chores umher und spielte alle alle 1000 Meter ein Lied mit obligatorischem aufgeklappten Bettlerfidelkasten.
Und so schlage ich nicht nur einen thematischen, sondern auch kulinarischen Bogen zur Lichterkirche, wo ich meinen Nachmittagskaffee nebst Kuchen einnehme.
Sandra Dammann reicht mir ein Stück Batida-de-Coco-Pudding-Kuchen. Der war pervers lecker. Ich will das Rezept.
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Ich bin einer der wenigen Menschen, die Streusel nicht mögen
| | Service wie daheim! Nur in gut!
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Drollig waren die beiden Lichterköchinnen, die mich gestern bedienten und heute enttäuscht waren, dass sie trotz der außergewöhnlichen Bewirtung nicht im Internet vorkamen. Als ich mich nämlich nicht zwischen Reis und Nudeln entscheiden konnte, bekam ich beides! Und ich kann nur wiederholen, dass es sehr, sehr lecker geschmeckt hat und reichlich war.
So, und jetzt her mit dem Batidakuchen.
Für heute endet mein Freitagsbericht. Auf dem Heimweg komme ich immer an unserem alten Schandfleck, der DEA-Tankstellenbaracke vorbei. Und jedesmal denke ich:
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Das hätte man allerdings auch ein paar Jahre vor dem Hessentag erledigen können
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Bzw. nicht schlecht, wie sie die Ruine noch hessentagstauglich gekriegt haben. So räume ich mein Zimmer auch immer auf.
Für heute sind wir alle su-per-zu-frie-den.
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Der hier besonders.
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Einen guten Samstag wünscht Ihr
Matthias Mayer
...und hier geht es zur Fotostrecke: 103 Meter über Langenselbold
Schicken Sie mir Ihre schönsten Fotos!
Oder sagen Sie bescheid, falls ich Sie hier abgebildet habe und Sie das nicht wünschen.
Homepage Hessentag 2009 Langenselbold
Matthias Mayers kommentiertes Hessentagsfototagebuch
Tag Eins: Freitag, 5. Juni
Tag Zwei: Samstag, 6. Juni
Tag Drei: Sonntag, 7. Juni
Tag Vier: Montag, 8. Juni
Tag Fünf: Dienstag, 9. Juni
Tag Sechs: Mittwoch, 10. Juni
Tag Sieben: Donnerstag, 11. Juni
Tag Acht: Freitag, 12. Juni
103 Meter über Langenselbold
Tag Neun: Samstag, 13. Juni
Tag Zehn: Sonntag, 14. Juni
Tag Elf: Montag, 15. Juni
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